Haushaltsrede 2019

-Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrter Herr Kämmerer,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

das Thema „Klimaschutz“ war im Jahr 2019 das bestimmende und übergeordnete Thema. Es war richtig und wichtig, dass der Rat einstimmig auch mit Votum der Unabhängigen Klever den sogenannten Klimanotstand ausgerufen hat. Das Thema „Klimaschutz“ wird seitdem immer mehr - wie selbstverständlich – zu einem Hauptgesichtspunkt im Entscheidungsprozess des Rates. Wenn aufgrund unseres Vorschlags im nächsten Jahr auch die Deckblätter der Ratsdrucksachen, um den Aspekt „Auswirkungen auf das Klima“ erweitert werden, wird dieser Prozess für jeden auch formal sichtbar. Abseits aller Einzelmaßnahmen wird diese neue Selbstverständlichkeit durch die Ausrufung des Klimanotstandes erreicht.

Die Beratungen zum Haushalt 2020 sind die richtige Gelegenheit, sich nicht etwa am Wort „Klimanotstand“ abzuarbeiten, sondern stattdessen konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz auf den Weg zu bringen. Ohne Frage wurden bereits Anstrengungen unternommen, weitere sind in Planung. Ziel muss es sein, den ökologischen Umbau unserer Stadt nicht nur zu planen, sondern für konkrete Planungen ausreichende finanzielle Mittel bereitzustellen. Wir sind froh, dass genau so verfahren wurde und nicht umgekehrt. Finanzielle Mittel zu fordern, ohne Projektvorschläge einzubringen, ist Effekthascherei. Leider zeigt uns bei der Kulturförderung, dass solches Vorgehen auch keinen Erfolg bringt, da Mittel im letzten Haushalt eingestellt wurden, die effektiv nicht abgerufen wurden. Das Einstellen oder Anheben von haushalterischen Positionen ohne konkrete Maßnahmen kann nur als Symbolpolitik bezeichnet werden.


Für diesen Haushalt haben die Unabhängigen Klever mehrere Anträge zum Thema „Klimaschutz“ eingebracht, wobei deutlich wird, an welch unterschiedlichen Stellen konkret gehandelt werden kann. Dazu einzelne Beispiele:
Zum Insektenschutz wird der Einsatz von sogenannten True Amber LEDs angeregt, die ohne Blaulichtanteil auskommen. Eine kleine Maßnahme mit weitreichenden Folgen. Denn: So werden Insekten nicht mehr von den Straßenlaternen in der Nacht angezogen, die sie dann bis zur Erschöpfung umflattern.
Andererseits haben wir mit unseren Anträgen zur E-Mobilität gezeigt, dass Wirtschaft und Klimaschutz nicht nur Hand in Hand gehen können, sondern dass es sogar zu einem Standort-Vorteil werden kann. In Zukunft werden immer mehr Unternehmen bei der Standortwahl fragen, ob eine Kommune auf das Thema E-Mobilität vorbereitet ist, um bspw. einen zukunftssicheren Fuhrpark betreiben zu können. Sobald die Stadtwerke, wie in unserem Antrag zum „Destination Charging“ gefordert, ein geeignetes Konzept aufstellen und verwirklichen, können wir diesen Unternehmen die Gegenfrage stellen: Wann wollen Sie in Kleve starten? Wir sind startklar. (und nebenbei bemerkt: der verkaufte Strom kommt über die Konzessionsabgabe dem städtischen Haushalt zugute.)
Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis auf weitere konkrete Überlegungen der Unabhängigen Klever zum Thema Klima: Sobald unsere Konsultationen von Experten abgeschlossen sind, werden wir einen Antrag einbringen, der sich auf die Wasserwirtschaft der Stadt konzentriert. Während Grundwasserspiegel durch trockene Sommer absinken werden, werden gleichzeitig große Mengen Regenwasser z.B. über die Kaskade und den Spoykanal in den Rhein abgeleitet. In diesem Zusammenhang muss daran gearbeitet werden, Niederschläge wie bspw. Starkregenereignisse nicht nur zu bewältigen, sondern durch Verrieselung im Stadtgebiet (dazu gehören auch Teile des Reichswalds) für uns nutzbar zu machen.
Eine besondere Herausforderung wird auch die Frage sein, ob es wünschenswert und langfristig möglich sein wird, die täglich anfallenden tausende Kubikmeter von geklärtem Wasser - das ursprünglich im Reichswald gewonnen wurde - ebenfalls in den Wasserkreislauf zurückzuführen. Verschiedenste anderweitig bereits genutzte Techniken für unterschiedliche Gegebenheiten müssen geprüft und angewendet werden, wenn diese für unsere Stadt geeignet sind.

Um eine ganz andere Art von Klimaverbesserung geht es bei unserer Forderung nach einem Jugendparlament. Es geht um Strukturen in unserer Stadt, die die Teilnahme von Jugendlichen an politischen Entscheidungsprozessen selbstverständlich werden lassen. Seit nun 10 Jahren setzen wir uns für ein Jugendparlament ein. Wir belassen es nicht dabei, dass wir nur sagen, dass es vielleicht eine gute Sache wäre. Als einzige haben wir ein Konzept zur Errichtung eines Jugendparlamentes vorgelegt und darauf aufbauend in den letzten Jahren mehrere Anträge eingebracht. Langsam haben wir das Gefühl, die kritische Masse an Unterstützern gefunden zu haben, um den lang gehegten Wunsch „Jugendparlament“ im Jahr 2020 endlich Realität werden zu lassen. Hierzu hatten wir zum Haushalt auch den Antrag zur Einplanung einer halben Stelle für einen Sozialpädagogen beantragt. Denn das Jugendparlament benötigt eine Person, die zentral den Aufbau und den Betrieb begleitet.
Von jungen Menschen möchte ich den Blick auf junge Familien lenken. In Kleve ist es für diese nicht einfach, Wohnraum zu finden. Unverzüglich müssen wir uns alternative Konzepte zu Neubaugebieten überlegen. Die Diskussion zum Förderprogramm „Jung kauft Alt“ ist unserer Ansicht ein richtiger Ansatz, um die Ausdehnung der Stadt in die Fläche zu begrenzen. „Außen schonen, innen wohnen“ muss auch in Kleve eine Maxime werden. In Innengebieten wie bspw. beim Bresserberg sollten wir den jungen Familien den Aufbau von Eigentum ermöglichen.


In diesem Jahr wurde auch über Erbpacht gesprochen. Wir meinen, dass die Stadt Kleve von Ausnahmen abgesehen vollständig zum Modell der Erbpacht übergehen sollte. Grund und Boden sind unvermehrbarer Teil der Substanz der Stadt. Sie sollten auch in Zukunft im Besitz der Stadt bleiben.
Ungeeignet ist es jedoch, über das Instrument „Erbpacht“ für Flächen nachzudenken, die Flächen für die Öffentlichkeit sein sollten. Die Bevölkerung wünscht sich bspw. keine Bebauung des Minoritenplatzes. Warum sollte man sich also Konzepte der Erbpacht für dieses Gelände überlegen, wenn diese Energie besser in die Ausarbeitung des Konzepts für einen Ereignisplatz gesteckt werden könnte?
Das gilt auch für das Umfeld des ehemaligen Hallenbades. Ein Markenzeichen von Kleve sind unsere historischen Parkanlagen. Dieses Pfund muss weiter ausgebaut und touristisch nutzbar gemacht werden. Wenn man sieht, wie viel Arbeit der Klevische Verein schon in dieses Quartier investiert hat, so hätte man hier einen starken Partner für eine Stadtentwicklung ohne Bebauung. So können wir die sogenannten weichen Standortvorteile von Kleve weiter stärken.


Zu den Standortfaktoren gehören auch ohne Frage unsere Schulen. Die Kostensteigerungen bei der Gesamtschule am Fortgarten haben wir mitgetragen. Aber nur weil Bildung das höchste Gut ist und wir keine weitere Verzögerung bei den Schulbauten hinnehmen wollten. Unsere Zustimmung sollte keineswegs als Zustimmung zum Management der Bauverwaltung missverstanden werden. Der Haushalt kann diese extreme Kostensteigerung derzeit noch verkraften. Doch man stelle sich vor, dass unsere Situation wie in anderen Kommunen mit einer Haushaltssicherung einhergehen würde oder dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eintrüben. Wie wollen wir in schlechten Zeiten eine solche massive Steigerung abfangen? Eine Antwort kann nur lauten: durch Zukauf von externer Expertise sollten Großbauprojekte kontinuierlich durchleuchtet werden, um frühzeitig Unwägbarkeiten zu erkennen.
Auch in diesem Jahr hat uns die Zügigkeit der Karl-Kisters-Realschule nicht losgelassen. Für die Unabhängigen Klever war und ist die Raumsituation der entscheidende Grund zum jetzigen Zeitpunkt einer Vierzügigkeit nicht zu zustimmen. Wie im Schulausschuss von uns vorgeschlagen, möchten wir auch an dieser Stelle den Kompromissvorschlag einbringen, dass wir als Rat eine Vierzügigkeit beschließen, wenn ein Ausbau abgeschlossen wurde. Hierbei muss vor allem sichergestellt sein, dass der Ausbau auch abgeschlossen werden wird ohne die Fertigstellung der anderen Schulgebäude zu gefährden.
Weiche Standortfaktoren bestehender Strukturen zu stärken, aber auch die Realisierung für noch zu etablierende Strukturen muss in den Fokus rücken. Vor dem Hintergrund der aktuell günstigen Zinslage sollte in 2020 nun auch über erste Planungen für eine Zusammenlegung von VHS und Stadtbücherei gesprochen werden. Wie wir schon in 2018 ausführten, könnte ein städtisches Wissenszentrum mit der VHS als Wissensvermittler und der Stadtbücherei als Wissensspeicher ideale Rahmenbedingungen für beide Institutionen schaffen. Der jetzige Standort der VHS wäre der ideale Platz für beide Einrichtungen.

Für uns wichtige Aspekte sind im Haushalt berücksichtigt worden. Neue Aspekte in der kommunalen Klimapolitik kommen zum Tragen. Steuern und Gebühren bleiben unangetastet. In der Gesamtbetrachtung des Haushaltes stellen wir daher fest:

Diesem Haushalt können wir zustimmen.

Abschließend ein Wort zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und allen städtischen Einrichtungen und Betrieben: Wir danken Ihnen für die geleistete Arbeit im abgelaufenen Jahr.

Ein Wort möchte ich noch an die vielen Ehrenamtlichen in unserer Stadt richten: Ohne das Engagement jedes Einzelnen von Ihnen wären die vielfältigen Entfaltungs- und Teilhabemöglichkeiten in unserer Stadt nicht vorhanden. Dafür möchten wir, die Unabhängigen Klever, Ihnen von ganzen Herzen danken und wünschen Ihnen sowie allen Einwohnerinnen und Einwohnern unserer Stadt ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Jahr 2020!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.